Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat Christian Dogs über 150 Topmanager behandelt und beraten. In einem Interview, veröffentlicht auf Zeit-Online, thematisiert er die Einsamkeit, die eine gefährliche Begleiterscheinung einer Karriere im Management sein kann. Es ist ein Allgemeinplatz, dass ab einer gewissen Ebene das Management ein Haifischbecken sei: Kampf und Durchsetzungsfähigkeit ist für das <Überleben> gefordert, die Luft wird eben dünner, je höher man kommt. Das System, wie Christian Dogs sagt, verzeiht keine Schwächen. Vor allem keine körperlichen. Harald Krüger, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von BMW, erlitt auf einer Automobilmesse einen Schwächeanfall – und sei dieses Ereignis nicht mehr losgeworden. Wenn sich Entscheidungen als falsch herausgestellt haben, lassen sie sich korrigieren. Bei einer körperlichen Schwäche bleiben Spekulationen über die Belastbarkeit und Gesundheit, die sich nicht mehr ausräumen lassen.
“Je höher Manager aufsteigen, desto einsamer werden sie”
Aus der Sicht eines Mitarbeiters wird das Top-Management meist über Status, Geld und Macht wahrgenommen. Die Manager selber erleben ihre Position dagegen vor allem als eine Verantwortung, die oft einen gewissen Druck mit sich bringt. Die Entscheidungen, die zu treffen sind, können sie nicht vollumfänglich mit ihren Mitarbeitern teilen. Auf gleicher Ebene besteht ein Konkurrenzkampf: Es gibt keinen vertrauensvollen Austausch über Unsicherheiten und persönliche Probleme. Das Privatleben – sofern es überhaupt noch existiert – möchte dann auch nicht mit den Problemen der Arbeit belastet werden. Bei einer 80 Stundenwoche droht auch die Familie zu einer mehr oder weniger gut funktionierenden Fassade zu werden, der die persönliche Nähe fehlt. Unter der Priorität des Funktionierens werden Konflikte gerne als störend ausgeblendet – solange es eben geht. Damit geht aber auch Bindung verloren. Eine selbstgewählte Einsamkeit, als Reizarmut, sei, so Dogs, positiv zu bewerten, als Ausgleich, zu sich kommen und Kompensation. Doch die Falle der Einsamkeit, wie sie sich schleichend im Laufe einer Karriere einstellen kann, ist keine bewusst gewählte, sondern ein nicht vorhersehbarer Kollateralschaden.
“Zufriedenheit ist in der Psychologie die einzige Währung, die zählt”
Dieses Resümee zieht Christian Dogs. Wie fördert er sie bei seinen Patienten? In sehr einfachen Schritten, die die Wahrnehmung fördern und die Gegenwart betonen. Beim Treppensteigen zum Beispiel jede einzelne Stufe wahrnehmen, Waldspaziergänge, ohne die Abkürzungen zu nehmen oder im Flugzeug auch mal aus dem Fenster zu schauen und nicht nur ins Laptop. Das Gehirn braucht diese Ruhezeiten, um sich der eigenen Bedürfnisse und der wirklich wichtigen Dinge klar werden zu können. Unser Credo: zufrieden geht’s besser!